Das klassische Handwerk ist interessant, doch Sie möchten einen Schritt weitergehen? Dazu müssen Sie nicht jahrelange Forschungen betreiben. Innovativ ist auch die Optimierung etwas Bestehenden, das Erkennen einer Marktlücke oder eines Nischenprodukts. Lassen Sie sich inspirieren!
Geschäftsideen im Handwerk – Inspiration & Tipps
Gut eine Million klein- und mittelständische Betriebe decken den konstanten Bedarf von Heizungsinstallationen über Elektroarbeiten, Maurerarbeiten bis zu Holz- und Dachdeckerarbeiten. Möchten Sie Kunden künftig Ihren eigenen Service bieten und suchen Sie nach handwerklichen Geschäftsideen, müssen Sie für die Gründung Ihres Betriebs das Rad nicht neu erfinden. Dennoch sollten Sie für eine langfristig erfolgreiche Tätigkeit unabhängig von Ihrer beruflichen Spezialisierung einige grundsätzliche Aspekte beachten.
Klassische Geschäftsideen
Sie müssen nicht auf Biobrot umstellen oder sich als Weintechnologe selbstständig machen, um mit Ihrem Handwerk auch künftig erfolgreich wirtschaften zu können. Traditionelles Handwerk ist immer gefragt. Zu den klassischen Gewerbetreibenden zählen unter anderem Elektriker, Dachdecker und Heizungsinstallateure oder kreative Köpfe wie Friseure, Raumausstatter oder Maler.
Elektrobetrieb gründen
Wenn Sie einen Elektrobetrieb gründen müssen Sie einen Meistertitel vorweisen. Nach § 106 Gewerbeordnung erhalten Sie mit Ihrem Elektrohandwerk die Genehmigung
- zur Installation von Starkstrom- und Blitzschutzanlagen sowie Brandmeldeeinrichtungen
- zum Einbau von Alarmanlagen für Gebäude, Betriebe oder Grundstücke
Die Elektrobranche ist ständigen Änderungen unterworfen. Erwägen Sie eine Spezialisierung auf mobile Kommunikationen oder Smart Home.
Innerhalb einer Woche nach Beginn des Anstellungsverhältnisses sind Sie zur Mitteilung der Qualifikationen Ihrer Mitarbeiter an die Bezirksverwaltungsbehörde verpflichtet.
Für die Neugründung eines Elektrobetriebes sollten Sie ein ungefähres Startkapital von 25.000 Euro veranschlagen.
Ein Fahrzeug ist unabdingbar. Erleichtern Sie sich den Transport Ihrer Werkzeuge durch die Integration spezieller Module in Ihren Wagen. Nutzen Sie zur Verwaltung Ihres Betriebs eine geeignete Elektro-Handwerkersoftware mit integrierter Werkzeugverwaltung. Erwägen Sie die Option eines Leasing- statt Kaufvertrages und eine werbende Beschriftung der Außenseite des Firmenfahrzeugs.
Schließen Sie notwendige Versicherungen im Handwerk ab. Zur Vermeidung hoher Schadensforderungen sollten Sie als selbstständiger Elektriker eine Betriebshaftpflicht-, Geschäftsinhalts- sowie Betriebsunterbrechungsversicherung erwägen.
Friseursalon eröffnen
Auch für den Friseurberuf besteht eine Meisterpflicht. Neben den genannten Ausnahmen der Altgesellenregelung und einer Einstellung eines Meisters bietet sich zur Eröffnung eines Friseursalons eine weitere Option, umfasst Ihr Friseur-Konzept ausschließlich einfache Tätigkeiten nach §8 HwO. Im Gegensatz zu „wesentlichen Friseurtätigkeiten“ lassen sich diese Fertigkeiten innerhalb von zwölf Wochen erlernen. Beispiele:
- Herrenfriseur mit Haarwäschen, Föhnen und Bartrasuren ohne Einsatz von Chemikalien
- Kosmetiksalon mit Angeboten an Flechtfrisuren oder Haarverlängerungen
Als mobiler Friseur benötigen Sie keinen Meistertitel, müssen jedoch ein Reisegewerbe anmelden. Aufgrund der zahlreichen Arten eines Friseursalons lässt sich das Gründungskapital nicht pauschal beziffern.
Ein Fahrzeug ist nicht unbedingt vonnöten. Neben der Betriebshaftpflicht- und Geschäftsinhaltspolice empfehlen sich aufgrund des ständigen Kontakts mit Chemikalien und Kunden eine Berufsunfähigkeits- und Rechtschutzversicherung.
Fliesenlegerei betreiben
Neben der Pflicht zu einem Meistertitel erhöhen Sie mit Abschluss als Techniker für Bau- und Steintechnik Ihre Chancen, die Konkurrenz auszustechen.
Durch viele Stunden in gebückter Haltung sollten Sie sich neben einer Betriebshaftpflichtpolice unbedingt umfassend krankenversichern und eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen.
Malerbetrieb gründen
Sie haben es geahnt: Sie benötigen einen Meisterbrief. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse schaden nicht. Auch als Maler benötigen Sie ein Fahrzeug. Kalkulieren Sie mit rund 15.000 Euro für eine ausreichende Liquidität für Transport- und Betriebsmittel.
Je nach Größe Ihres Unternehmens können Sie sich zunächst auf eine Betriebshaftplicht-, Rechtsschutz- und Berufsunfähigkeitspolice beschränken.
Sanitär- und Heizungsbetrieb eröffnen
Mit einem Meisterbrief steht Ihnen als Anlagenmechanikers für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik nicht nur eine Existenzgründung offen, sondern gleich mehrere Türen:
- Stilllegung veralteter Heizungen
- Energieeffiziente Gebäudemodernisierung
- Wartungsarbeiten
- Mobiler Service zur technischen Problembehebung
Als Heizungsbauer sind Heizkessel und Co. zumeist schon beim Kunden installiert geliefert, weshalb Ihr Anfangskapital im Rahmen bleibt. Nutzen Sie zur Verwaltung eine Software für SHK-Betriebe, mit der Sie Wartungs- und Serviceaufträge einfach abwickeln können.
Beachten Sie aber die Sicherheitsvorschriften zur Arbeitskleidung und schließen Sie zusätzlich zu den gängigen Versicherungen eine Umwelthaftpflichtversicherung ab – Heizöl im Grundwasser kann schnell immense Kosten verursachen.
Prüfen Sie zur Vermeidung hoher Nachzahlungsforderungen, ob Sie beim Angebot spezieller Arbeiten wie einem Trockenbau zu einer Mitgliedschaft in der Sozialkasse der Bauwirtschaft verpflichtet sind.
Brauerei eröffnen
Seit 2020 benötigen Sie auch für die Eröffnung einer Brauerei einen Meistertitel. Bierbrauen gilt als handwerklich aufwändig. Neben fachlichem Wissen sind Sie als Inhaber einer Brauerei in der Regel Arbeitgeber und sollten über unternehmerische Kenntnisse verfügen. Zudem sehen Sie sich als Bierbrauer zahlreichen Vorschriften wie der Bierverordnung, dem Vorläufigen Biergesetz, Biersteuergesetzes sowie Hygienenormen der Lebensmittelindustrie gegenüber.
Ihre Brauerei müssen Sie beim zuständigen Zollamt anmelden, eine Konzession beim Gewerbe- sowie weitere Genehmigungen beim Gesundheitsamt beantragen. Für eine Gasthausbrauerei als Kombination aus Gaststätte und Braubetrieb ist eine GmbH die gängige Rechtsform, allerdings können Sie sich auch für die Eröffnung eines kleinen Ladegeschäfts oder eines reinen Online-Shops entscheiden.
Selbst ein kleines Sudhaus kann bereits mit rund 50.000 Euro zu Buche schlagen. Erwägen Sie Unfallversicherungen für Ihre Mitarbeiter sowie einen umfassenden Rechtsschutz.
Methode: Geschäftsideen aus dem Ausland kopieren
Ein Blick über den Tellerrand schadet nie. Informieren Sie sich über innovative Gründungsideen ausländischer Handwerkskollegen!
- Cabin One Minimal House: Tiny Houses, High-End-Bereich. Holz-, Fenster-, Solarlösungen – USA – für Schreiner, Elektriker und Dachdecker
- Wasserstoffbetriebener Haushalts-Heizkessel: CO²-freies Verbrennen von Wasserstoff mithilfe nachhaltiger Wind- oder Sonnenenergie – Niederlande – für Heizungsinstallateure
- Solarkollektoren aus Kunststoff: Decken 60 Prozent des Wärmebedarfs. Anschluss ohne Fachausbildung möglich – Norwegen – für Dachdecker und Installateure
Geschäftsidee finden und prüfen
Sie haben recherchiert, Meinungen eingeholt, nachgedacht – und jetzt die zündende Idee für Ihren Handwerksbetrieb? Sie haben sich selbst ehrlich geprüft und verfügen über den erforderlichen Elan, das Durchhaltevermögen, die Risikobereitschaft für eine berufliche Selbstständigkeit? Die Ergebnisse Ihrer Markt-, Wettbewerbs- und Zielgruppenanalysen geben grünes Licht? Dann ist es Zeit für Ihr Businessmodell.
Business Model erstellen
Sie wissen bereits, dass Ihr Geschäftsplan die Basis für Ihr künftiges Unternehmen darstellt. Wie jedoch bringen Sie die erforderlichen Punkte übersichtlich zu Papier? Beispielsweise, indem Sie sich für eine von drei viel genutzten Methoden entscheiden:
Canvas ModelNach dem Schweizer Geschäftsmann Alexander Osterwalder bedarf es zur Erstellung eines Unternehmenskonzeptes neun Aspekte.
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Gassmans Magisches DreieckEbenfalls aus der Schweiz stammt das Konzept, für das Namensgeber Oliver Gassmann in Zusammenarbeit mit zwei Kolleginnen die neun Punkte des Canvas-Modells auf vier reduziert hat:
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Stratechi’s Business ModelWiederum einen Aspekt mehr führt das Geschäftsmodell der Unternehmensberatung McKinsey ins Feld:
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Nächster Schritt: Handwerksbetrieb gründen
Sie haben es fast geschafft und können Ihren Handwerksbetrieb gründen. Sie sind überzeugt von Ihrer Geschäftsidee, haben alle Risiken abgewogen, Ihren Businessplan erstellt, Kredite beantragt, rechtliche Vorgaben eingehalten? Dann müssen Sie nur noch Mitarbeiter finden, Verträge mit Partnern, Vermietern, Angestellten und Versicherungen schließen, Ihre technische Ausstattung erwerben und Ihre Marketingmaschine ins Rollen bringen. Die Zukunft kann kommen.
Allgemeine Voraussetzungen
Gewerbeart
Das Gesetz zur Ordnung des Handwerks teilt Ihren Industriezweig in drei Oberkategorien ein. Für eine Existenzgründung müssen Sie Folgendes vorweisen können.
Beim zulassungspflichtigen Handwerk müssen Sie einen Meistertitel vorweisen können. Beispiele: Dachdecker, Heizungsbauer, Elektrotechniker:
- Alternative 1: Altgesellen-Regelung nach §7b Handwerksordnung (HwO). Nachweise über sechs Jahre Berufserfahrung, vier in leitender Position
- Alternative 2: Einstellung eines Angestellten mit Meisterbrief
Beim zulassungsfreien Handwerk müssen Sie keinen Meistertitel vorweisen. Gegebenenfalls sind Gewerbeerlaubnisse erforderlich. Beispiele: Uhrmacher, Sattler, Gebäudereiniger.
Beim handwerksähnlichen Gewerbe müssen Sie keine fachlichen Kenntnisse vorweisen. Sie sollten aufgrund möglicher Schadensersatzansprüche jedoch nicht ohne Qualifikation einen entsprechenden Betrieb eröffnen. Beispiele: Rohr- und Kanalreiniger, Kosmetiker.
Statt einer Eintragung in die Handwerksrolle werden zulassungsfreie Handwerker und handwerksähnlich Gewerbeschaffende im „Verzeichnis der Inhaber eines Betriebes eines zulassungsfreien Handwerks oder eines handwerksähnlichen Gewerbes“ gelistet.
Rechtsform
Eine weitere Einteilung bei der Rechtsform nimmt das Deutsche Unternehmensrecht vor. Es trennt bei Personenunternehmen Kleingewerbe von kaufmännischen Betrieben.
Zu kleingewerblichen Unternehmen zählen
- Einzelpersonen als Kleingewerbetreibende. Eröffnung: unkompliziert, Haftung: komplettes Privatvermögen
- Gesellschaften bürgerlichen Rechts: mindestens ein Gründungspartner. Haftung mit Privatvermögen, vertragliche Regelung der Zusammenarbeit sinnvoll
Kaufmännische Unternehmen werden gemäß § 1 Handelsgesetzbuch (HGB) nach ausgesuchten Faktoren wie Jahresumsatz oder Anzahl der Beschäftigten bestimmt. Sie können sich als
- Einzelkaufmann (e.K.)
- offene Handelsgesellschaft (oHG)
- Kommanditgesellschaft (KG)
- beschränkt haftende Personengesellschaft (GmbH)
registrieren. Zur Gründung einer GmbH müssen Sie mindestens 25.000 Euro Stammkapital einbringen. Ihre Haftung ist auf die Höhe des Stammkapitals beschränkt. Mit einem Stammkapital von einem Euro erweist sich eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (UG) als kostengünstiger. Bei dieser Mini-GmbH verbleibt ein Viertel Ihres Gewinns im Unternehmen, bis bei Erreichen von 25.000 Euro die Umstellung auf eine „echte“ GmbH vorgenommen wird.
Anmeldungen, Eintragungen, Mitgliedschaften
Je nach Gewerbeart müssen Sie sich in die Handwerksrolle bzw. Liste der Handwerkskammer eintragen lassen sowie im Anschluss Ihr Gewerbe bei Ihrer zuständigen Gemeinde anmelden. Diese informiert automatisch das Gewerbeaufsichts-, Finanz- und statistische Landesamt, das Amtsgericht sowie die Berufsgenossenschaft und Handwerkskammer über Ihre Existenzgründung.
Als kaufmännisches Unternehmen ist zudem ein Eintrag ins Handelsregister erforderlich, rechtliche Streitigkeiten unterliegen dem HGB. In allen anderen Fällen haben Sie die Wahl. Entscheiden Sie sich gegen einen Eintrag, sind die Gesetze des Bürgerlichen Gesetzbuches einschlägig. Zudem sind Sie einer doppelten Buchführung sowie einer jährlichen Inventur und Bilanz entbunden. Bei einigen Kunden jedoch erwecken Sie durch einen Eintrag eine höhere Seriosität.
In jedem Fall Ihnen überlassen bleibt die Entscheidung über eine Mitgliedschaft bei einer Innung Ihres Handwerks.
Fundierter Geschäftsplan
Zur Risikominimierung sollten Sie vor der Eröffnung Ihres Unternehmens einen Businessplan erstellen, in dem Sie
- die Marktsituation analysieren
- den optimalen Standort ermitteln
- die Konkurrenz und den Bedarf untersuchen
- Ihre Alleinstellungsmerkmale festhalten
- Ihre Zielgruppe sowie kurz- und langfristigen Ziele definieren.
Integrieren Sie auch einen Finanzplan mit einmaligen bedarfsabhängigen Auslagen wie Büroausstattung, Werkzeugen oder Notargebühren sowie Mietzahlungen, Versicherungs- und Mitgliedsbeiträgen, Steuerabgaben, Benzin- und Lohnkosten als laufende Kostenfaktoren. Bedenken Sie, dass Sie als Handwerker zumeist in Vorleistung gehen.
Nicht nur dienen Ihnen Geschäfts- und Finanzplan zur Orientierung und jederzeitigen Kontrolle. Perfekt strukturiert, werden Sie so auch potenzielle Partner und Geldgeber überzeugen können.
Zur kostenlosen Businessplan Vorlage
Förderprogramme
Neben Privatkrediten können Sie unter bestimmten Voraussetzungen beim Staat finanzielle Unterstützungen beantragen:
- Meister-BAföG. Voraussetzungen: abgeschlossene Berufsausbildung, kein Hochschulabschluss
- Meistergründungsprämie. Für Existenzgründung oder -übernahme. Voraussetzungen: Meisterbrief, erste handwerkliche Selbständigkeit, Gründung ist noch in Planung, Mindestinvestitionssumme 15.000 Euro, Einstellung von Mitarbeitern
- Gründungszuschuss. Voraussetzung: Anspruch auf Arbeitslosengeld I für mindestens 150 weitere Tage zum Zeitpunkt der Antragsstellung
- Mikrokreditfonds Deutschland. Voraussetzung: geringer Kapitalbedarf
- "go-digital"-Förderprogramm sowie weitere Projekte zur Unterstützung von Investitionen in digitale Technologien wie z.B. der Anschaffung einer Software für das Handwerk auf Bundes- und Landesebene
Tipp: Förderprogramme für Digitalisierungsmaßnahmen nutzen
Bei der Investition in Digitalisierungsmaßnahmen wie die Anschaffung eines Rechnungsprogramms für Handwerker unterstützen fast alle Bundesländer und der Bund KMU und Handwerksbetriebe mit zahlreichen Förderprogrammen.
Fazit
Ob als Elektriker, Dachdecker oder Heizungsinstallateur: Ihre Dienste werden auch künftig gefragt sein. Erwägen Sie Risiken und Vorteile innovativer Serviceangebote, klassischer Handwerksarbeit oder unbekannter Nischenprodukte, entscheiden sich für das Businessmodell, das Ihrem Charakter und der aktuellen Marktlage bestmöglich entspricht und werden Sie Teil der rund 557.000 in Deutschland ansässigen Handwerksunternehmen!