Fachkräftemangel im Handwerk

Der aktuelle Fachkräftemangel stellt das Handwerk vor riesige Herausforderungen. Sie als Betriebsinhaber, Kunden wie auch die gesamtdeutsche Wirtschaft tragen die Folgen des anhaltenden Engpasses qualifizierter Mitarbeiter. Wie Sie der Zukunft dennoch optimistisch entgegensehen können, zeigen wir Ihnen in diesem Artikel. Wir gehen Ursachen auf den Grund, analysieren einzelne Gewerke und geben einen Ausblick auf das, was getan werden kann und muss, um dem Fachkräftemangel im Handwerk langfristig erfolgreich entgegenzuwirken.

Was ist Fachkräftemangel?

Ein Fachkräftemangel wird allgemein als dauerhafter Engpass an Personen mit abgeschlossener Berufsfachausbildung definiert. Entsprechend ergibt sich ein Missverhältnis aus regionaler oder gewerbespezifischer Nachfrage und dem Angebot aktueller Arbeitsplätze. Eine solche Lücke macht sich in Deutschland bereits seit Jahren bemerkbar, allerdings weder flächendeckend noch gewerkeübergreifend. Vielmehr trifft der Engpass vor allem die Pflege, MINT-Berufe und besonders stark das Handwerk – mit jeweils deutlichen Unterschieden der einzelnen Bundesländer.

Bei Betrachtung des allgemeinen Fachkräftemangels ergibt sich für 2022/2023 im Durchschnitt eine Lücke von 610.214 Fachkräften. Damit blieben laut KOFA rund 45,9 Prozent aller offenen Stellen aufgrund nicht ausreichend ausgebildeten Personals unbesetzt.

In der Wirtschaft werden Fachkräftelücken in drei Qualifikationskategorien unterteilt:

  • Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung
  • Spezialisten mit Fortbildung oder Bachelor
  • Experten mit Diplom oder Master.

Das größte Defizit liegt im Handwerk auf dem Niveau der Fachkräfte. Auch Angebote an Ausbildungsplätzen blieben ungenutzt: Im dritten Quartal 2022 wurden nur 51 Prozent besetzt, zumeist in Großbetrieben mit über neun Mitarbeitern dies ergab eine Umfrage des ZDH.

Ein Fachkräftemangel im Handwerk wirkt sich dies nicht nur auf Ihren Betrieb aus. Die Folgen spüren auch Kunden sowie die gesamtdeutsche Volkswirtschaft.

Folgen für die Verbraucher

Werden Arbeitskräfte knapp, entstehen für Verbraucher Wartezeiten. Diese verursachen Frust und führen nicht selten dazu, dass von Laien selbst Hand angelegt wird – mit teils hohen Gesundheitsrisiken. Alternativ werden Schwarzarbeiter verpflichtet – ein gesellschaftliches Problem, durch das dem Staat rund 330 Milliarden Euro an durchschnittlichen Jahreseinnahmen entgehen. Zudem bewirken Fachkräftemängel Lieferprobleme und damit leere Regale sowie steigende Preise von Produkten und Dienstleistungen. Die Teuerung reduziert die Kaufkraft der Privatkunden, die Wirtschaft gerät in eine Preisspirale.

Folgen für die Wirtschaft

Stoppt das bundesweite Wachstum, sinken der Wohlstand, die öffentlichen Einnahmen Produktionsmengen und Dienstleistungsangebote. Gleichzeitig – das wissen Sie am besten – steigt die Mehrbelastung und damit das Gesundheitsrisiko aktueller Handwerker. Kann das deutsche Handwerk eingehende Aufträge nicht bearbeiten, droht die Übernahme durch ausländische Konkurrenzbetriebe. Zudem geraten industrielle Produktionsprozesse in Stocken. Ohne ausreichend IT-Experten, sind Digitalisierung und Cybersicherheit gefährdet, ohne Baufachkräfte fehlt es an Wohnungen, ohne Dachdecker und Elektriker verfehlt die Bundesregierung ihre Klimaschutzziele.

Entwicklung Fachkräftemangel im Handwerk

Seit 2015 klagt das Handwerk in Deutschland über mangelndes Interesse an ausgebildeten oder angehenden Fachkräften. 2022 bildete einen negativen Rekordwert: Von 236.818 offenen Stellen für handwerkliche Tätigkeiten blieben 128.891 unbesetzt – ebenso, wie viele Ausbildungsplätze. Obwohl der größte Bedarf 2022 mit 108.000 bei Gesellen lag, fanden sich laut KOFA rechnerisch nur für vier von zehn offenen Meisterstellen qualifizierte Bewerber.

Der langfristige Ausblick sieht beim Fachkräftemangel keine Entspannung, im Gegenteil. Die Bundesagentur für Arbeit geht in ihrer aktuellen Prognose von einem Anstieg offener Handwerksstellen auf bereichsübergreifend 3,5 Millionen Fachkräfte im Jahr 2030 aus. Ähnlich sieht es mit drei Millionen das Basler Forschungsinstitut Prognos.

Digitalisierung im Büro wirkt Fachkräftemangel entgegen

Durch den gezielten Einsatz einer branchenspezifischen Software für das Handwerk sorgen Sie nicht nur für digitale Prozesse, sondern arbeiten deutlich effizienter, zeitsparender und übersichtlicher. Somit werden Aufträge zügig abgewickelt und Sie präsentieren sich als zukunftsorienteren Arbeitgeber. Zum Beispiel erleichtert sie den Mitarbeitern die Auftragsabwicklung und unterstützt sie in ihrer beruflichen Weiterentwicklung.

Wirken Sie dem Fachkräftemangel aktiv entgegen, werden Sie als Arbeitgeber attraktiv und stärken Sie die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs.

Mehr zur Handwerkersoftware

Meist betroffene Berufe

Von allen in der Handwerksordnung gelisteten Berufen leiden 26 besonders stark unter dem Engpass qualifizierte Mitarbeiter. Davon wiederum unterfallen 17 Berufsgruppen der Fertigung, Produktion und dem Bauhandwerk. An der Spitze stehen laut Zentralverband deutscher Handwerker (ZDH) Bauelektriker, gefolgt von der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Auch Kraftfahrzeugtechniker werden gesucht sowie Rollladen- und Sonnenschutztechniker, Elektromaschinenbauer, Augenoptiker und Hörakustiker laut einem online Artikel der Zeit.

Die folgenden Zahlen beziehen sich ausschließlich auf Fachkräfte mit Grundausbildung ohne Meister und anderer Zusatzqualifikation.

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Elektriker

In der Bauelektrik fehlen knapp 18.000 Fachkräfte, in der Elektrotechnik 14.000. Dies verzögert primär den Bau von Wind- und Fotovoltaikanlagen.

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Dachdecker

Auch Dachdecker können die erforderlichen Installationen von Solarpaneelen nicht auffangen, hier gibt es 3.500 unbesetzte Stellen. Zudem verzögert sich der Bau neuer Wohnungen.

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SHK

Der Einbau energiesparender Heizungsanlagen, smarter Klimatechnik oder barrierefreier Badezimmer müssen ebenfalls zurückstehen. 14.000 Fachkräfte fehlen im SHK-Bereich.

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Tischler

Die bundesweite Fachkräftelücke bei Tischlern beträgt fast 8.500. Der Innenausbau renovierungsbedürftiger Gebäude kommt so nur schleppend voran.

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Maschinenbau

Laut ifo Konjunkturtest vom Juli 2022 finden 43 Prozent aller Maschinenbauer nach eigenen Angaben keine Fachkräfte. In der Kraftfahrzeugtechnik schwanken die Angaben zwischen 12.000 und 15.000.

Meist betroffene Bundesländer

Auch regional erkennen Sie Unterschiede beim Fachkräftemangel. Interessanterweise sind wirtschaftsstarke Bundesländer wie Bayern besonders stark betroffen. Ein Grund findet sich in der jeweiligen Bevölkerungsstruktur. So verneinen ältere Fachkräfte häufig Weiterbildungsangebote für das Handwerk 4.0 und können so bestimmte digitale Geräte nicht bedienen. Untenstehend finden Sie alle Bundesländer mit absoluten Zahlen fehlender Fachkräfte sowie ihrer Entsprechung in Prozent.

Bundesland

Fehlende Fachkräfte

Prozent aller offenen Stellen

Rheinland-Pfalz

40.577

65,1

Bayern

157.401

62,4

Baden-Württemberg

97.514

54,5

Saarland

10.739

57,2

Brandenburg

24.459

52,2

Niedersachsen

67.933

51,1

Mecklenburg-Vorpommern

16.396

50,0

Sachsen

35.615

50,3

Thüringen

15.784

49,5

Schleswig-Holstein

22.905

49,0

Sachsen-Anhalt

16.639

47,1

Bremen

6.827

45,1

Hessen

38.087

43,8

Nordrhein-Westfalen

88.234

35,6

Hamburg

5.999

28,0

Berlin

8.170

22,1

Tipp: Fördermöglichkeiten zur Digitalisierung im Handwerk

Bund und Länder unterstützen Handwerksbetriebe bei der Digitalisierung ihres Untenehmens. Informieren Sie sich über Fördermöglichkeiten zu Soft- und Hardware aber auch zu Weiterbildungen Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Erfahren Sie mehr zu den Förderungen für die Digitalisierung im Handwerk.

Fördermöglichkeiten zur Digitalisierung im Handwerk

Ursachen

Weshalb besteht in Deutschland seit Jahren ein Fachkräftemangel? Die Ursachen werden erforscht, und es sind viele.

Schwache Handwerkskonjunktur:

Zwischen 1995 und 2005 erlebte die Gesamtwirtschaft und damit auch das deutsche Handwerk ein Tief. Seinen „goldenen Boden” gab es nicht mehr, die Auftragslagen sanken, Personal wurde abgebaut, Lehrstellen verloren an Attraktivität. Dass diese Talfahrt im Handwerk anhält, hat neben allgemeinen auch spezifische Gründe.

Ehemals lag der Fokus in Deutschland auf der Warenherstellung – bis der Dienstleistungssektor immer größer wurde. Auch das klassische Handwerk nahm immer mehr Serviceleistungen in seinen Angebotsumfang auf. Gleichzeitig wurde die steigende industrielle Produktion ein Konkurrent im Wettbewerb um Fachkräfte, den sie aufgrund höherer Budgets oft für sich entschied. Noch heute führt die Gehaltshöhe bei vielen Handwerkern zur Abwanderung aus kleinen in große Betriebe. Zudem hält aufgrund der zukunftsträchtigen Tätigkeitsbereiche Klima und Digitalisierung nach einer Studie des ifh Göttingen nur jede dritte Fachkraft ihrem ursprünglichen Handwerk die Treue.

Seit 2014 können Erwerbstätige mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen, haben sie mindestens 45 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt. Ein nachgefragtes Angebot, mit dem auf einen Schlag tausende an Handwerkern der Branche verlorengingen.

In die reguläre Rente verbschiedet sich gerade die Babyboomer-Generation – ohne junge Handwerker zu einer Weiteführung des eigenen Betriebes zu finden. Es fehlen also Nachfolger. Gefördert wird dies durch den zeitgleichen Geburtenrückgang bis 2010, die grundsätzlich eine alternde Bevölkerung einer reduzierten Anzahl junger Auszubildender entgegensetzt. Hinzu kommen teils schlechte Bildungsstandards sowie eine wachsende Zahl an Auswanderern, die in anderen Ländern bessere Chancen sehen. Die Arbeitnehmerfreiheit innerhalb der EU und der Wandel der klassischen zur Patchworkfamilie tragen ebenfalls zu einer Abwanderung von Fachkräften bei.

Im Handwerk selbst begründet liegt sein Image. Zwar genießen Sie innerhalb der Bevölkerung als Elektriker, Heizungsinstallateur oder Dachdecker hohes Ansehen. Doch die Ausbildungszahlen profitieren nicht davon: Unter anderem wird Ihrer gesamten Branche ein traditioneller Führungsstil und eine zu langsame Implementierung technischer Neuheiten vorgeworfen. So gelten akademische Berufe als insgesamt moderner und prestigeträchtiger.

Vermehrt entscheiden sich Schulabgänger daher für einen Hochschulabschluss. Und dies, obgleich die Auszubildendenvergütung im Handwerk gerade bundesweit um durchschnittlich über vier Prozent angehoben wurde und Studieren zunächst nur kostet. Dennoch und trotz des offensichtlichen Fachkräftemangels sehen viele in akademischen Berufen bessere Aufstiegschancen. Nicht zuträglich ist zudem die sinkende Bereitschaft von Handwerksbetrieben, Lehrstellen anzubieten.

Noch immer arbeiten im Handwerk hierzulande überwiegend Männer mit deutscher Staatsangehörigkeit. Erst langsam öffnen sich die Tore für Frauen, erhalten dank Fachkräfteeinwanderungsgesetzreform ausländische Fachkräfte bald schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt. Bislang blieben diese Möglichkeiten ebenso ungenutzt wie die Aufnahme von Quereinsteigern, Arbeitslosen, Studienabbrechern oder Behinderten.

Die Digitalisierung trifft auch das Handwerk. Zwar lassen sich viele Systeme einfach implementieren und intuitiv bedienen. Andere wiederum erfordern komplexes Fachwissen in neuen Tätigkeitsfeldern. Nicht alle verfügbaren Fachkräfte ziehen hier mit.

Lösungen: Was tun gegen den Fachkräftemangel?

Eine einfache Pauschallösung gegen den Fachkräftemangel existiert nicht. Dennoch gibt es immer Licht am Ende des Tunnels, positive Stimmen sehen in dem derzeitigen Engpass sogar eine Chance des langfristig erfolgreichen Wiederaufbaus des deutschen Handwerks, die sonst ungenutzt verstrichen wäre. Fest steht, dass nicht individuelle Maßnahmen, sondern eine Kombination aus einzelnen Strategien seitens des Handwerks, der Wirtschaft und Regierung. Mit ihnen können bestehende Fachkräfte gehalten, neue rekrutiert und Auszubildende gewonnen werden. Denn zu flexiblen Arbeitsmodellen, einer sicheren Arbeitsumgebung, einem fairen Gehalt für einen Handwerker und harmonischen Miteinander sagt kaum jemand nein.

Dass das deutsche Handwerk lange nicht so altbacken ist wie sein Ruf, wurde durch entsprechende Imagekampagnen der letzten Zeit deutlich. Nutzen auch Sie die vielfältigen Möglichkeiten der Digitalisierung. Entwerfen Sie eine moderne, Smartphone-kompatible Website, nutzen Sie Apps zur Echtzeit-Kommunikation mit ihren Mitarbeitern die unterwegs sind, erlauben Sie bei Bedarf und Möglichkeit Ihren Angestellten remotes Arbeiten. Ein weiterer Vorteil der Implementierung hochwertiger Bürosoftware liegt in ihrer Effizienz. Mit einem papierlosen Büro, arbeiten Sie nicht nur schneller, sonder sparen auch Zeit und Geld, können vorhandene Mitarbeiter gezielter einsetzen und einen weiteren Gesellen entlohnen.

Weitere Funktionen einer Handwerkersoftware

Im Handwerk wird die klassische 5-Tage-Woche von Montag bis Freitag à acht Stunden zuzüglich Pausenzeit präferiert. Dies liegt auch an den Tätigkeiten bei den Kunden. Dennoch lässt sich die Stundenzahl selbst innerhalb von Tarifverträgen individuell gestalten. Auch findet man zunehmend Betriebe, die die 4-Tage-Woche anbieten uns so einen besseren Bewerber-Zulauf erzeugen. Mögliche weitere Optionen finden sich in

  • Teilzeitstellen (z.B. für Beruftätige Eltern) während Kernzeiten
  • Projektbezogene Arbeitsangebote
  • Blockarbeitszeit
  • Arbeit auf Abruf
  • Schichtarbeit
  • Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Hinweis: Für was Sie sich auch entscheiden, eine digitale Zeiterfassung aller Angestellten ist gesetzlich verpflichtend und liegt in Ihrer Verantwortung als Betriebsführer.

4-Tage Woche

Besonders oft steht die 4-Tage-Woche im Fokus von Debatten. Viele Befürworter wie auch Testreihen oder praktischer Erfahrungen von Handwerksunternehmen selbst sehen keinen Unterschied in der Produktivität, stehen Fachkräften wöchentlich drei Tage zur eigenen Verfügung. Denn so steigen Motivation und Konzentration. Auch rein rechnerisch gibt es kaum Unterschiede:

  • 5-Tage-Woche: täglich acht (insgesamt 40) Arbeitsstunden zuzüglich 60 Minuten (insgesamt acht Stunden) Mittagspause
  • 4-Tage-Woche: täglich 9,25 Stunden (insgesamt 37 Stunden) zuzüglich 45 Minuten (insgesamt drei Stunden) Mittagspause

Durch einen durchdachten Einsatzplan können Sie die freien Tage innerhalb Ihres Betriebs reibungslos aufteilen. Möglicherweise möchte auch nicht Ihre gesamte Belegschaft das Angebot nutzen. Sprechen Sie offen über Möglichkeiten und etablieren Sie gegebenenfalls eine Testphase.

Mit einer wettbewerbsfähigen und transparenten Entlohnung, dem Angebot einer betrieblichen Altersvorsorge oder regelmäßiger Prämien halten und locken Sie Fachkräfte gleichermaßen. Geben Sie Ihnen auch einen verlässlichen Ausblick, sprechen Sie über Karrierewünsche und bieten Sie leistungsfähigen Mitarbeitern die Aussicht auf eine Betriebsübernahme nach Ihrem beruflichen Rückzug.

Aus- und Weiterbildungen

Mit Fort- und Weiterbildungsprogrammen schulen Sie Ihre Mitarbeiter nicht nur für eigene Zwecke. Durch die Investition in leistungsgerechte Fördermaßnahmen und gezielte Aufstiegschancen zeigen Sie ihnen auch Ihre Wertschätzung. Erkennen Fachkräfte in Ihrem Unternehmen persönliche Perspektiven, werden Sie ein offenes Stellenangebot positiver bewerten.

Das Handwerk hat verschiedene Optionen, sich bislang kaum genutztem Potenzial an Fachkräften zu öffnen.

Fachkräfte aus dem Ausland

Rund 15 Prozent aller dreieinhalb Millionen sozialversicherungspflichtig beschäftigter Handwerker in Deutschland wiesen Ende 2022 eine ausländische Staatsangehörigkeit auf, fast ebenso hoch war die Zahl unter Auszubildenden. Eine weitere Integration qualifizierter Migranten kann eine deutliche Erleichterung auf dem angespannten Handwerksmarkt herbeiführen – ob es sich um bereits hierzulande lebende Geflüchtete, neue Zuwanderer oder Lehrlinge handelt. Allerdings müssen Sie hier zunächst investieren:

  • Sprachkurse anbieten
  • Belegschaft und ausländische Fachkräfte kulturell sensibilisieren
  • Unterstützung beim Anerkennungsverfahren der Qualifikation leisten
  • Gegebenenfalls Arbeitsvisum beantragen

Der Zuwanderungsprozess wird gesetzlich in reglementierte, zulassungspflichtige Handwerke und nicht-reglementierte Handwerke sowie Bewerber aus der EU oder Drittstaaten eingeteilt. Eine Vereinfachung soll die Reform zur Fachkräfteeinwanderung ab November 2023 bringen.

Menschen mit besonderen Bedürfnissen oder Quereinsteiger

Menschen mit Behinderung sind vollständig oder teils fachlich sehr gut ausgebildet – hier fehlt es an Tätigkeitsmodellen, die sich ihrer Situation anpassen. Doch auch hier lohnt sich die Investition – ebenso wie in die Qualifizierung von Quereinsteigern.

Kooperation mit anderen Betrieben

Weitere erfolgversprechende Optionen liegen in der Kooperation mit anderen Betrieben für die Nutzung gemeinsamer Ressourcen oder partnerschaftliche Organisation von Aus- und Weiterbildungsprogrammen. Viele Fachkräfte wünschen sich auch einen modernen Führungsstil mit einer Basis aus Wertschätzung, Vertrauen, Transparenz und Leistungsanerkennung.

Wie findet man Fachkräfte?

Durch Anreize wie Bonuszahlungen steigt die Bereitschaft von Mitarbeiterempfehlungen qualifizierter Kandidaten. Sind die Bewerber Ihren Gesellen persönlich bekannt, steigt mit ihrer Einstellung zugleich die Teambindung.

Eine größere Reichweite erreichen Sie mit digitalen Maßnahmen:

  • Vernetzung mit Handwerksverbänden und regionalen Organisationen
  • Stellenangebote/-gesuche auf Online-Jobbörsen
  • Kooperationen mit Berufsschulen und Universitäten
  • Teilnahme an virtuellen Karrieremessen und Recruiting-Events über das Internet
  • Vereinfachte Bewerbungsprozesse durch Online-Formulare
  • Nutzung von Social-Media-Kanälen zur Verbreitung von Stellenanzeigen und der Präsentation Ihres Betriebes

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Buch- und Podcast-Empfehlungen

Weitere aktuelle Infos rund um das Thema Fachkräftemangel und Tipps zu seiner Behebung bieten Bücher und Podcasts für Handwerker. Wir stellen Ihnen aus der großen Auswahl einige vor.

Fachkräftemangel oder Machtkräftemangel

In ihrem Ratgeber „Fachkräftemangel oder Machkräftemangel?“ beschreibt Jessica Lackner auf 192 Seiten anschaulich, dass viele Probleme bei der Mitarbeiterführung hausgemacht sind – und wie sie sich einfach beheben lassen.

Fachkräfte im Handwerk finden und halten

Das Handwerkermagazin hat auch ein Buch herausgegeben: “Fachkräfte im Handwerk finden und halten“ enthält Tipps, wie Sie neue Fachkräfte anlocken und die Wechselbereitschaft Ihrer Gesellen unterbinden.

Handwerksmensch

Der Titel ihres Podcasts ist der Name ihres Unternehmens, mit dem Maren Ulbricht Betriebsinhabern individuelle Beratungen für eine harmonische Atmosphäre und damit wirtschaftlichen Erfolg bietet. Im Audioformat „Handwerksmensch“ können Sie kostenlos alle 14 Tage interessanten, inspirierenden Fachinterviews zu verschiedenen Stilen der Mitarbeiterführung folgen.

Wer mach morgen?

Sie kennen Anna Planken vielleicht aus dem ARD-Fernsehen. Bei „Wer macht morgen“ hören Sie sie nur, doch das sollte Sie sich nicht entgehen lassen. Denn in jeder Folge geht es um die Zukunft des deutschen und internationalen Handwerks, über das sie in jeweils 45 Minuten mit bekannten Wissenschaftlern, Politikern und Branchenexperten diskutiert.

FAQ zum Fachkräftemangel im Handwerk

Fast alle Handwerksbetriebe leiden unter dem anhaltenden Fachkräftemangel. Elektriker auf dem Bau sowie die gesamte SHK-Branche hat es allerdings besonders getroffen. Hier fehlen Bewerber im fünfstelligen Bereich.

Langfristig muss das Handwerk seine frühere Attraktivität für Auszubildende zurückgewinnen, zum Beispiel durch ein modernes, digitales Image und flexible Arbeitsmodelle für Work-Life-Balance. Auch die Diversität im unternehmen sollte gefördert werden.

Für viele Schulabgänger klingt ein Studium verlockender – das liegt nicht unbedingt an der Bezahlung. Vielmehr schreckt viele die im Handwerk noch übliche klassische 40-Stunden-Woche ohne Flexibilität ab.

Auch die Bundesregierung kann tätig werden. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz geht sie den richtigen Weg, doch noch sind Hürden für ausländische Fachkräfte hoch. Auch Förderungen für Handwerksbetriebe, vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien oder beim Wohnungsbau, sind eine Option sowie flächendeckendes Marketing für das deutsche Handwerk.

Fazit

Dem Fachkräftemangel im Handwerk muss entgegengewirkt werden. Innerhalb der Betriebe steigt das Risiko einer körperlichen und seelischen Überbelastung der Belegschaft, sowie der finanzielle Druck auf den Inhaber. Bleiben Aufträge liegen und steigen die Produktpreise, bedienen sich Kunden Schwarzarbeitern und verlieren an Kaufkraft. Die Volkswirtschaft büßt an Innovationskraft ein und kann bedeutende Ziele wie den Klimaschutz oder die Digitalisierung nicht wie gewünscht umsetzen. Doch es gibt erfolgversprechende Lösungsansätze. Werden auch Sie aktiv und öffnen sich neuen Optionen Ihrer Unternehmensführung. Denn trägt jeder seinen Teil dazu bei, wird das Handwerk in Deutschland bald wieder seinen goldenen Boden zurückerobern.

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